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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2009/109)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2009/109: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer arbeitete ab März 2007 für ein Unternehmen, das ihm fristlos kündigte. Er meldete sich arbeitslos und klagte auf Lohnzahlungen während der Kündigungsfrist. Die Arbeitslosenkasse zahlte ihm Arbeitslosenentschädigung aus, da die Lohnzahlungen ungeklärt waren. Nachdem der Beschwerdeführer und das Unternehmen einen Vergleich schlossen, zog die Kasse die Klage zurück und forderte überzahlte Taggeldleistungen zurück. Die Kasse reduzierte die Rückforderung auf 25'000 CHF, da die Zahlungen auf sie übergingen. Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, doch das Gericht entschied, dass er die 25'000 CHF zurückzahlen muss.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2009/109

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2009/109
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2009/109 vom 18.11.2010 (SG)
Datum:18.11.2010
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 29 Abs. 1 AVIG, Art. 55 Abs. 2 AVIG. Rückerstattung von Taggeldleistungen. Werden Taggeldleistungen in Anwendung von Art. 29 Abs. 1 AVIG ausgerichtet und werden später die Lohnansprüche erfüllt, kann die Verwaltung in analoger Anwendung von Art. 55 Abs. 2 AVIG die Rückerstattung der ausgerichteten Leistungen verlangen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. November 2010, AVI 2009/109). Beim Bundesgericht angefochten
Schlagwörter: Klage; Vergleich; Arbeitslosen; Kasse; Arbeitslosenentschädigung; Quot; Zahlung; Kündigung; Rückforderung; Anspruch; Arbeitgeber; Verfahren; Leistungen; Entschädigung; Verfügung; Betrag; Arbeitgeberin; Beschwerdeführers; Kündigungsfrist; Ansprüche; Hauptpartei; Einsprache; Klagerückzug; Vergleichs; Höhe; Insolvenz; Subrogation
Rechtsnorm: Art. 11 AVIG;Art. 25 ATSG ;Art. 29 AVIG;Art. 30 AVIG;Art. 51 AVIG;Art. 54 AVIG;Art. 55 AVIG;Art. 95 AVIG;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2009/109

Abteilungspräsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichter Joachim Huber, Versicherungsrichterin Marie Löhrer; Gerichtsschreiberin Andrea Keller

Entscheid vom 18. November 2010

in Sachen

H. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. David Brassel, c/o Mätzler & Partner,

Grossfeldstrasse 45, 7320 Sargans,

gegen

Kantonale Arbeitslosenkasse, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

betreffend

Rückerstattung von Taggeldleistungen (nachträgliche Lohnzahlung) Sachverhalt:

A.

    1. H. arbeitete ab 15. März 2007 für die B. (act. G 3.2.B28). Am 22. Juli 2008 kündigte diese dem Versicherten das Arbeitsverhältnis fristlos (act. G 3.1.3). In der Folge meldete sich der Versicherte per 4. August 2008 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an (act. G 3.2.B26).

    2. Am 10. Oktober 2008 liess der Versicherte Klage gegen die B. erheben und die Bezahlung von Fr. 69'000.-- (Lohn während vertraglich vereinbarter sechsmonatiger Kündigungsfrist) sowie eine Entschädigung beantragen (act. G 3.1.28). Mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 teilte die Kantonale Arbeitslosenkasse (nachfolgend: Kasse) dem Versicherten sowie der B. mit, in Anbetracht der ungeklärten Sachlage bezüglich Lohnzahlungen während der vertraglichen Kündigungsfrist werde sie für den Zeitraum vom 4. August 2008 bis 31. Januar 2009 Arbeitslosenentschädigung an den Versicherten auszahlen. Damit gingen alle arbeitsvertraglichen Ansprüche im Umfang ihrer Leistungen auf sie über (act. G 3.1.27). In der Folge richtete sie die angekündigten Taggeldleistungen auf der Basis eines versicherten Verdiensts von Fr. 10'500.-- aus (G

      3.1.32 ff.). Am 22. Oktober 2008 zeigte sie dem zuständigen Kreisgericht an, dass sie sich als Hauptpartei an der arbeitsrechtlichen Streitigkeit zwischen dem Versicherten und der B. beteilige (act. G 3.1.26).

    3. Mit Verfügung vom 7. November 2008 stellte die Kasse den Versicherten per

      23. Juli 2008 für 50 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Solange kein Gerichtsurteil vorliege, wonach die fristlose Kündigung ungerechtfertigt gewesen sei, müsse sie (die Kasse) dem Versicherten vorsorglich ein Verschulden an der Arbeitslosigkeit anlasten (act. G 3.1.23). Gegen diese Verfügung erhob der Versicherte am 5. Dezember 2008 Einsprache, woraufhin die Kasse das Verfahren bis zum rechtskräftigen Entscheid im arbeitsrechtlichen Verfahren sistierte (Beilage 4 in act. G 3.1.3).

    4. Am 19./20. Mai 2009 schloss der Versicherte mit der B. einen Vergleich und

liess dem zuständigen Kreisgericht am 28. Mai 2009 mitteilen, er ziehe die Klage

zurück, soweit er darüber infolge des Eintritts der Kasse noch verfügen könne. In besagtem Vergleich verpflichtete sich die B. u.a., dem Versicherten Fr. 15'000.-- zu bezahlen. Für den Fall, dass die Kasse den Prozess nach dem Rückzug der Klage durch den Versicherten nicht fortführe, zahle die B. diesem (weitere) Fr. 25'000.--. Die Kasse stimmte diesem Vergleich nicht zu, zog die Klage jedoch am 19. August 2009 ebenfalls zurück. Entsprechend wurde das arbeitsrechtliche Verfahren am 1. September 2009 abgeschrieben (act. G 3.1.4).

B.

    1. Mit Verfügung vom 19. August 2009 forderte die Kasse vom Versicherten zuviel bezogene Taggeldleistungen im Totalbetrag von Fr. 38'002.55 (netto) zurück. Zur Begründung hielt sie fest, der Klagerückzug bewirke, dass er keinen Anspruch mehr auf die ihm von der Kasse ausbezahlten Leistungen vom 14. August 2008 bis 31. Januar 2009 im Betrag von Fr. 36'997.25 habe. Demzufolge ergebe sich eine Rückforderung von Fr. 38'002.55 (Beilage 1 in act. G 3.1.3). Hiergegen liess der Versicherte am 18. September 2009 Einsprache erheben und die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragen; eventualiter sei die Verfügung dahingehend abzuändern, dass eine Rückforderung von Fr. 3'483.90 (brutto) erlassen werde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die angefochtene Verfügung sei ungenügend begründet und unverständlich. Der Klagerückzug bewirke nicht, dass der Versicherte die von der Kasse erhaltenen Leistungen während der Kündigungsfrist zurückzubezahlen habe; in diesem Umfang habe er nämlich gerade nicht mehr über die Klage verfügen können, da die Kasse als Hauptpartei über diesen Prozessgegenstand verfügt habe. Der Versicherte habe die Klage lediglich in dem Umfang zurückziehen können, in dem diese die Leistungen der Kasse übertroffen habe (act. G 3.1.2).

    2. Mit Entscheid vom 11. November 2009 hiess die Kasse die Einsprache teilweise gut und reduzierte die Rückforderung auf Fr. 25'000.--. Gestützt auf den Vergleich gemachte Zahlungen seien subrogationsweise auf die Kasse übergegangen. Diese zwingende Subrogationsvorschrift könne durch prozessuale Abmachungen der Parteien im Rahmen eines Vergleichs nicht eingeschränkt werden. Es gingen sämtliche gestützt auf den Vergleich zu machende Zahlungen auf die Kasse über. Die Rückforderung bestehe somit in der Höhe von Fr. 25'000.-- (act. G 3.1.1).

C.

    1. Mit Eingabe vom 14. Dezember 2009 erhebt der Versicherte, vertreten durch Rechtsanwalt David Brassel, Beschwerde und beantragt, die Verfügung (richtig: der Einspracheentscheid) vom 11. September 2009 sei aufzuheben bzw. eventualiter dahingehend abzuändern, dass eine Rückforderung von Fr. 3'483.90 (brutto) erlassen werde. Zur Begründung bringt der Vertreter im Wesentlichen vor, indem die Beschwerdegegnerin dem arbeitsrechtlichen Verfahren beigetreten sei, habe sie als Hauptpartei die Klage vom Beschwerdeführer im Umfang von Fr. 36'997.25 übernommen. Sie habe es in der Hand gehabt, ihre Ansprüche im Klageverfahren gegen die vormalige Arbeitgeberin des Beschwerdeführers durchzusetzen ebenfalls Vergleichsverhandlungen zu führen. Durch den Eintritt der Beschwerdegegnerin in das Verfahren als Hauptpartei sei dem Beschwerdeführer der Prozessgegenstand im Umfang der erbrachten Leistungen entzogen gewesen. Er habe die Klage denn auch nur insoweit zurückgezogen, als er über diese noch verfügt habe, nämlich über denjenigen Betrag, der die von der Beschwerdegegnerin ausgerichteten Beträge überstiegen habe. Der Beschwerdegegnerin habe es weiterhin offen gestanden, die Klage auf eigenes Risiko fortzuführen, was sie jedoch unterlassen habe. Dies könne nicht dazu führen, dass der Beschwerdeführer anstelle der vormaligen Arbeitgeberin die entsprechenden Leistungen an die Beschwerdegegnerin zurückzubezahlen habe.

      Sollte das Gericht dieser Argumentation nicht folgen, sei die Rückforderung auf

      Fr. 3'483.90 (brutto) zu reduzieren. Bei Gutheissung der arbeitsrechtlichen Klage hätte die Beschwerdegegnerin nämlich einen Anspruch gegen die ehemalige Arbeitgeberin des Beschwerdeführers in Höhe der diesem während der Kündigungsfrist ausbezahlten Taggelder gehabt. Bei Abweisung der Klage wäre die Rechtmässigkeit der fristlosen Kündigung festgestellt und somit auch das Verschulden des Beschwerdeführers ausgewiesen gewesen, weshalb die Kasse die bereits früher verfügten (sistierten) 50 Einstelltage gegenüber dem Beschwerdeführer hätte durchsetzen können. Selbst im schlechtesten Fall der Klageabweisung hätte der Beschwerdeführer spätestens ab 1. Oktober 2008 Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung gehabt. Infolge Vergleich sei die Rechtmässigkeit der Kündigung bzw. das Verschulden des Beschwerdeführers an dieser Kündigung keinesfalls ausgewiesen und auch nicht anzunehmen. Damit sei dem

      Beschwerdeführer kein schweres, sondern höchstens ein mittelschweres Verschulden an der Kündigung vorzuwerfen, womit die ihm auferlegten Einstelltage auf 25 zu reduzieren seien, weshalb ab 27. August 2008 Anspruch auf Taggelder bestehe. Da die Beschwerdegegnerin ab 14. August 2008 Leistungen erbracht habe, würde bei 25 Einstelltagen ein Rückforderungsanspruch von neun Tagen bestehen, was einem Betrag von Fr. 3'483.90 (brutto) entspreche (act. G 1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 28. Januar 2010 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer seien von seiner ehemaligen Arbeitgeberin vergleichsweise Leistungen von Fr. 25'000.-- während der vertraglichen Kündigungsfrist zugesprochen worden. Die Forderung sei in der Höhe dieses Betrags von Gesetzes wegen auf die Beschwerdegegnerin übergegangen (act. G 3).

    3. Mit Replik vom 5. März 2010 hält der Vertreter des Beschwerdeführers an seinen

      Anträgen fest (act. G 6).

    4. Mit Duplik vom 23. März 2010 (fälschlicherweise mit 28. Januar 2010 datiert) hält

die Beschwerdegegnerin an ihrem Antrag fest (act. G 8).

Erwägungen:

1.

    1. Nach Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) hat der Versicherte Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn er unter anderem ganz teilweise arbeitslos ist (lit. a), einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (lit. b) und die Kontrollvorschriften erfüllt (lit. g). Der Arbeitsausfall ist anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall zur Folge hat und mindestens zwei aufeinander folgende volle Arbeitstage dauert (Art. 11 Abs. 1 AVIG). Nicht anrechenbar ist ein Arbeitsausfall, für den dem Arbeitslosen Lohnansprüche wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses Entschädigungsansprüche zustehen (Art. 11 Abs. 3 AVIG). Hat die Kasse begründete Zweifel darüber, ob der Versicherte für die Zeit des Arbeitsausfalls gegenüber seiner bisherigen Arbeitgeberin Lohn- Entschädigungsansprüche im

      Sinn von Art. 11 Abs. 3 AVIG hat ob sie erfüllt werden, so zahlt sie Arbeitslosenentschädigung aus (Art. 29 Abs. 1 AVIG). Mit der Zahlung gehen alle Ansprüche des Versicherten samt dem gesetzlichen Konkursprivileg im Umfang der ausgerichteten Taggeldentschädigung auf die Kasse über. Diese darf auf die Geltendmachung nicht verzichten, es sei denn, das Konkursverfahren werde durch das Konkursgericht eingestellt. Die Ausgleichsstelle kann die Kasse überdies ermächtigen, auf die Geltendmachung zu verzichten, wenn sich nachträglich zeigt, dass der Anspruch offensichtlich unberechtigt ist sich nur mit übermässigen Kosten durchsetzen lässt (Art. 29 Abs. 2 AVIG).

      Die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG stellt einen Sonderfall dar. Hier wird unter der Voraussetzung, dass begründete Zweifel über Ansprüche aus Arbeitsvertrag bestehen, zugunsten des Leistungsbezügers das Anspruchsmerkmal des anrechenbaren Arbeitsausfalls im Sinn einer unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung als gegeben angenommen. Folgerichtig stellt die spätere vollständige teilweise Erfüllung der im Bestand im Hinblick auf die Realisierbarkeit mit Zweifeln behafteten Lohn- und Entschädigungsansprüche im Sinn von Art. 11 Abs. 3 AVIG keinen prozessualen Revisionsgrund dar. Ebenfalls entfällt - systemkonform - eine Rückerstattungspflicht im Sinn von Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1; Urteil des Bundesgerichts vom 5. November 2007, C 220/06 E. 4.1.2, mit weiteren Hinweisen).

    2. Soweit die Arbeitslosenkasse bei Insolvenz eines Arbeitgebers einem Arbeitnehmer offene Lohnforderungen entschädigt (sog. Insolvenzentschädigung, Art. 51 ff. AVIG), sieht das Gesetz in gleicher Weise wie bei der Arbeitslosenentschädigung eine Subrogation vor (Art. 54 AVIG). Wenn die Lohnforderung vom Arbeitgeber nachträglich erfüllt wird, muss der Arbeitnehmer die Insolvenzentschädigung in Abweichung von Art. 25 Abs. 1 ATSG zurückerstatten (Art. 55 Abs. 2 AVIG). Im im Internet publizierten Entscheid AVI 2008/5 vom 10. Oktober 2008 hat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in E. 2.3 festgehalten, nachdem die Vorleistungspflicht gemäss Art. 29 Abs. 1 AVIG inhaltlich nah bei der Insolvenzentschädigung liege, sich im Wesentlichen nur dadurch unterscheide, dass noch keine Arbeitsleistung erbracht worden sei, und im Übrigen (praktisch) identische Bestimmungen zum

Forderungsübergang bestünden (Art. 29 Abs. 2 und Art. 54 Abs. 1 AVIG), rechtfertige es sich, die Bestimmung von Art. 55 Abs. 2 AVIG analog auf unter dem Regime von Art. 29 AVIG erbrachte Taggeldleistungen auszudehnen. Mithin bestehe für die Zweifelsfallregelung des Art. 29 Abs. 2 AVIG eine lex specialis, welche dem allgemeinen Rückforderungsrecht (Art. 95 Abs. 1 AVIG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 ATSG) vorgehe.

2.

    1. Die Beschwerdegegnerin begründet die Rückforderung im Wesentlichen damit, dass die Lohnforderung des Beschwerdeführers gegenüber der B. gestützt auf die gesetzliche Subrogation gemäss Art. 29 Abs. 2 AVIG auf sie übergegangen sei. Dies trifft zu und wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten; allerdings verschafft dies der Beschwerdegegnerin keinen Rückforderungstitel gegenüber dem Beschwerdeführer, sondern einen Anspruch gegenüber der B. .

    2. Umstritten und nachfolgend zu prüfen ist, wie die Zahlung von Fr. 25'000.-- von der B. an den Beschwerdeführer nach Klagerückzug durch die Beschwerdegegnerin rechtlich zu qualifizieren ist. Während sich die Beschwerdegegnerin implizit auf den Standpunkt stellt, mit dieser Zahlung seien Lohnansprüche abgegolten worden, macht der Beschwerdeführer geltend, damit seien lediglich Entschädigungsansprüche gemäss Art. 337c Abs. 3 des Obligationenrechts (OR; SR 220) beglichen worden.

      Aus den Akten geht hervor, dass das arbeitsrechtliche Verfahren zwischen dem Beschwerdeführer und der B. ursprünglich mit Zustimmung der Beschwerdegegnerin vergleichsweise hätte erledigt werden sollen, die Beschwerdegegnerin diese Zustimmung jedoch nicht erteilte (vgl. act. G 3.1.19 f.). In diesem Vergleich hätte sich die B. verpflichtet, dem Beschwerdeführer den Betrag von Fr. 40'000.-- (brutto), der "insbesondere den Lohnanspruch bis Ende Oktober 2008" beinhalte, zu bezahlen. Der Beschwerdeführer hätte der Beschwerdegegnerin die für den Zeitraum vom 22. Juli bis Ende Oktober 2008 erhaltene Arbeitslosenentschädigung zurückbezahlt (act. G 1.4). Da dieser Vergleich mangels Zustimmung der Beschwerdegegnerin nicht zustande kam, schlossen der Beschwerdeführer und die B. in der Folge einen neuen Vergleich. Darin verpflichtete

      sich die B. zur Zahlung von Fr. 15'000.-- an den Beschwerdeführer. Für den Fall des Klagerückzugs durch die Beschwerdegegnerin verpflichtete sich die B. zur (zusätzlichen) Zahlung von Fr. 25'000.-- an den Beschwerdeführer (act. G 3.1.4).

      Vorab fällt auf, dass sich der Beschwerdeführer und die B. offenbar dahingehend einig waren, die ursprünglich eingeklagte Lohnforderung in Höhe von Fr. 69'000.-- sowie die eingeklagte Entschädigung in nicht bezifferter Höhe, mit einer Zahlung von total Fr. 40'000.-- abzugelten, erklärte sich die B. doch in beiden Varianten des Vergleichs (wenn in der zweiten auch nur unter gewissen Umständen) zu einer solchen Zahlung bereit. Was den effektiv abgeschlossenen Vergleich anbelangt, ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer infolge Subrogation und Eintritt der Beschwerdegegnerin als Hauptpartei im arbeitsrechtlichen Verfahren nur noch in dem Umfang, in dem die Forderung nicht auf die Beschwerdegegnerin übergegangen war, über den Streitgegenstand verfügen konnte, weshalb davon auszugehen ist, dass die mit der B. vereinbarte Zahlung von Fr. 15'000.-- höchstens bzw. nur die die Arbeitslosenentschädigung übersteigenden Lohnansprüche abgelten sollte. In diesem Sinn wurde in Ziff. 1 Abs. 3 des Vergleichs denn auch festgehalten: "Die Parteien sind sich bewusst, dass die Kantonale Arbeitslosenkasse im Umfang der zwischen dem 22.07.2008 und dem 31.01.2009 […] erbrachten Taggelder […] als Hauptpartei am Prozess beteiligt ist und den Prozess somit als Klägerin fortführen kann". Die Zahlung der restlichen Fr. 25'000.--, über die zu verfügen sich der Beschwerdeführer ohne Zustimmung der Beschwerdegegnerin offenbar nicht in der Lage sah, wurde demgegenüber vom Klagerückzug bzw. der Nichtweiterführung des Prozesses durch die Beschwerdegegnerin abhängig gemacht. Dies lässt darauf schliessen, dass mit dieser Zahlung der vom Beschwerdeführer eingeklagte Lohnanspruch abgegolten werden sollte. Hierfür spricht auch die Präambel des Vergleichs, die in beiden Vergleichsvarianten gleich lautete. Darin ist pauschal von "Forderungen aus dem bestandenen Arbeitsverhältnis" die Rede, die einer "gütlichen Lösung" zugeführt werden sollten. Vor diesem Hintergrund ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass mit der Zahlung von Fr. 25'000.-- weitere Lohnansprüche des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 22. Juli 2008 bis 31. Januar 2009 (Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist) abgegolten werden sollten. Da die von der Beschwerdegegnerin im fraglichen Zeitraum ausgerichtete Arbeitslosenentschädigung unbestrittenermassen über diesem Betrag von Fr. 25'000.-- lag, hätte an sich sie

      Anspruch auf die Bezahlung dieses Betrags gehabt, zumal sie den Beteiligten die Subrogation angezeigt hatte und in das arbeitsrechtliche Verfahren eingetreten war. Ein solcher Subrogationsanspruch, der sich nur gegen die Arbeitgeberin richten kann, scheitert vorliegend jedoch daran, dass die Beschwerdegegnerin die Klage gegen die B. zurückgezogen und damit auf die betreffenden Ansprüche verzichtet hat.

    3. Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin im vorliegenden Fall muss als gesetzeswidrig bezeichnet werden. Offenbar sah sie sich ausserstande, dem ersten Vergleich, in dessen Rahmen sie zumindest einen Teil der von ihr geleisteten Arbeitslosenentschädigung zurückerhalten hätte, zuzustimmen, da es ihre "Haltung" sei, "dass die ausbezahlten Taggelder in vollem Umfang gedeckt sein sollten" (act. G 3.1.20). Soweit die Beschwerdegegnerin hierbei davon ausgegangen sein sollte, dass sie von vornherein nur dann einen Vergleich schliessen bzw. einem solchen zustimmen könne, wenn die von ihr ausgerichtete Entschädigung voll gedeckt sei, könnte dem nicht gefolgt werden. So muss die Kasse ihre bzw. die Interessen des Arbeitnehmers vertreten. Je nach Sachlage kann es sich - insbesondere mit Blick auf die Prozesschancen - durchaus rechtfertigen, einen Vergleich zu schliessen, bei dem nicht der Gesamtbetrag der ausgerichteten Arbeitslosenentschädigung erhältlich gemacht werden kann (vgl. ZBSV 1991/306). Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein derartiger Vergleich zulässig ist, bedarf stets einer sorgfältigen Prüfung im konkreten Einzelfall; zudem dürfte mit Blick auf Art. 29 Abs. 2 AVIG vorgängig eine entsprechende Ermächtigung der Ausgleichsstelle einzuholen sein.

      Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdegegnerin den ersten Vergleich mit der Begründung, die ausbezahlten Taggelder seien nicht in vollem Umfang gedeckt, abgelehnt hat, ist es nicht nachvollziehbar, dass sie, nachdem der Beschwerdeführer sich mit der B. - soweit noch möglich - verglichen hatte, ihre Klage gegenüber der Arbeitgeberin vorbehaltlos zurückgezogen und damit auf jegliche Ansprüche verzichtet hat. Darüber hinaus hätte die Beschwerdegegnerin für einen Klagerückzug gemäss Art. 29 Abs. 2 AVIG wohl der Ermächtigung der Ausgleichsstelle bedurft.

    4. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass die B. dem Beschwerdeführer nachträglich Lohnzahlungen in Höhe von Fr. 25'000.-- ausbezahlt hat und dass damit Lohnansprüche abgegolten wurden, für die der Beschwerdeführer

Arbeitslosenentschädigung bezogen hat. Im Ergebnis konnte sich der Beschwerdeführer damit "auf Kosten der Allgemeinheit bereichern", was nicht im Sinn der Arbeitslosen- bzw. Sozialversicherung sein kann. Es rechtfertigt sich daher, die mit AVI 2008/5 begründete Rechtsprechung (vgl. E. 1.2) weiterzuführen und Art. 55 Abs. 2 AVIG, wonach der Arbeitnehmer die Insolvenzentschädigung in Abweichung von Art. 25 Abs. 1 ATSG zurückerstatten muss, soweit die Lohnforderung vom Arbeitgeber nachträglich erfüllt wird, auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Entsprechend hat der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin die empfangene Arbeitslosenentschädigung im Umfang von Fr. 25'000.-- zurückerstatten. Der angefochtene Einspracheentscheid erweist sich daher im Ergebnis als korrekt.

Ohne Einfluss auf das Ergebnis und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die vom Beschwerdeführer eventualiter geltend gemachte Reduktion der verfügten Einstelltage. Da die verfügten Einstelltage bzw. die sich daraus ergebenden Rückforderungen nicht innert sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist (23. Juli 2008) vollstreckt worden sind, ist deren Vollzug ohnehin verwirkt (vgl. Art. 30 Abs. 3 AVIG; act. G 3.1.22/1). Darauf hat bereits die Beschwerdegegnerin im Einspracheentscheid hingewiesen.

3.

Im Sinn der obigen Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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